Lehrpläne auf dem Weg


Im landeskirchlichen Aargau begegnen einander drei Lehrpläne. Es sind der staatliche «Lehrplan 21», der kirchliche Rahmenlehrplan «Starke Katechese» sowie «Religionsunterricht und Katechese» (katholisch). Was bedeutet jeder Lehrplan für sich? Was haben die Lehrpläne miteinander zu tun? – Ein Bericht.

Mit dem Lehrplan 21 werden die Ziele des Unterrichts an der Volksschule in den 21 deutsch- und mehrsprachigen Kantonen harmonisiert. Damit wird ein Auftrag umgesetzt, den Volk und Stände am 21. Mai 2006 mit grosser Mehrheit in die Bundesverfassung geschrieben haben. Die konzeptionellen Grundlagen für einen sprachregionalen Lehrplan für die deutsch- und mehrsprachigen Kantone wurden von 2006 bis 2010 erarbeitet, 2010 bis 2014 folgte der Entwurf. Im Herbst 2014 wurde die Vorlage des Lehrplans 21 von den Deutschschweizer Erziehungsdirektorinnen und -direktoren freigegeben. Nun entscheidet jeder Kanton gemäss den eigenen Rechtsgrundlagen über die Einführung im Kanton.

Lehrplan 21 im Aargau
Im Aargau wurde die Initiative zum Bildungskleeblatt 2009 abgelehnt. Acht Jahre später wurde die Umsetzung des Lehrplans 21 per Volksabstimmung auf den Weg gebracht. Die Einführung des Aargauer Lehrplans auf der Basis von Lehrplan 21 ist für das Schuljahr 2020/21 vorgesehen. Die Aargauer Landeskirchen als öffentlich-rechtliche Körperschaften waren über Vernehmlassung, Positionspapier, Abstimmungsempfehlung und Arbeitsgruppe in den Prozess einbezogen.

Starke Katechese
Die Reformierte Landeskirche Aargau hat im 2016 «Starke Katechese. Leitbild, Berufsbild und Empfehlung Rahmenlehrplan für Unterrichtende» publiziert. Als Information für Eltern und Erziehungsberechtigte folgte der Flyer «Angebote der Reformierten Kirche für Kinder und Jugendliche». Der Rahmenlehrplan konkretisiert das verbindliche landeskirchliche PH-Konzept von 1997. Er orientiert sich auch am religionspädagogischen Gesamtkonzept und dem damit verbundenen Lehrmittel der Reformierten Kirche Zürich. Folgende Gründe sprechen für diese Orientierung: 1. Es besteht eine Konzeptverwandtschaft zwischen Aargau und Zürich. 2. Die Arbeiten der Zürcher Kirche wurden mit sehr grossem Ressourcenaufwand auf den aktuellen Stand der Religionspädagogik und Religionsdidaktik gebracht. 3. Die Bände des Zürcher Lehrmittels wurden jeweils nach ihrem Erscheinen von der Zürcher Projektgruppe im Rahmen der katechetischen Weiterbildung im Aargau vorgestellt. Damit bietet sich ein Gesamtkonzept an professionellen Unterrichtshilfen für die PH-Stufen 2 bis 4 an. Es findet in der reformierten Deutschschweiz Beachtung und gute Aufnahme. Die Empfehlung Rahmenlehrplan kann als Themenmatrix nach Kompetenzen, als Stoffplan und als konkrete Lektionsplanung gelesen werden.

Kompetenzorientierung im Zentrum – Lehrpläne auf dem WegAm 6. September 2017 hat ein Informationsanlass für katechetisch Tätige und Verantwortliche stattgefunden. 38 Personen aus 25 Kirchgemeinden haben sich informiert, ausgetauscht und positioniert.

LeRUKa
Die katholische Kirche Deutschschweiz wartet ab dem 1. August 2017 mit dem verbindlichen Lehrplan «Konfessioneller Religionsunterricht und Katechese» (LeRUKa) auf. Die kantonalen Umsetzungen – zuständig sind die entsprechenden Fachstellen – werden die Folgejahre prägen. Auch dieser Lehrplan orientiert sich an Kompetenzen. Die entsprechenden Planungshilfen sind im Gegensatz zu den anderen Teilen des Lehrplans entwicklungsoffen bzw. nicht verbindlich. Ein durchgängiges Lehrmittel ist nicht vorgesehen. Der neue Lehrplan unterscheidet zwischen Kompetenzbereichen des konfessionellen Religionsunterrichts am Lernort Schule und Kompetenzbereichen der Katechese am Lernort Pfarrei.

Gemeinsamkeiten
Allen drei Lehrplänen ist die Kompetenzorientierung gemeinsam. Um eine Kompetenz zu erwerben, braucht es Wissen, Können, Wollen. Fokussiert werden Verknüpfung und Anwendung von Wissen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten. Geplant wird in Phasen/ Zyklen; Schuljahre sind zugeordnet.
Staatlicher und kirchlicher Unterricht gehen bewusst anders mit dem Phänomen Religion(en) um. Im gelungenen Fall kommt es zu einer produktiven Arbeitsteilung – als Mehrwert für die Kinder und Jugendlichen. In der Fachsprache heisst diese Arbeitsteilung «teaching about religion» (religionskundliche Sicht) und «teaching in religion» (Religion/Konfession als Praxis). Die bereits vorhandenen staatlichen Lehrmittel («Weltbilden», «HimmelsZeichen», «FrageZeichen», «Blickpunkt Religion und Kultur») und das reformierte Zürcher Lehrmittel (mit den Bänden «Wir gehören zusammen», «Wir leben Kirche», «Wir entdecken die Bibel», «Wir glauben in Vielfalt», «Wir leben in Beziehungen») dokumentieren eindrücklich diese Ausdifferenzierung.
Die drei Lehrpläne bewegen sich auf Augenhöhe. Der kirchlich-konfessionelle Anteil der Landeskirchen am Bildungsauftrag der Volksschule ist benennbar. Für die ökumenische Zusammenarbeit lassen sich Schnittmengen bestimmen. Im verbindlichen katholischen Plan wird eigens erwähnt, dass bei ökumenischen Projekten alle Beteiligten das Verbindliche gemeinsam festlegen.

Momentaufnahmen aus der Praxis
Katechetinnen aus Bremgarten-Mutschellen und Rheinfelden liessen sich zu folgenden Fragen in die Karten blicken: 1. Gibt es einen Lehrplan PH2 bis PH4 für den kirchlichen Religionsunterricht der Kirchgemeinde? – Wenn ja: Ist dieser Lehrplan verbindlich? Wenn nein: Welche Art von Lehrplanung existiert? 2. Wer ist für den Lehrplan verantwortlich? 3. Was passiert, wenn Klassen/Gruppen beziehungsweise deren Lehrpersonen wechseln? 4. Wie wird die «Empfehlung Rahmenlehrplan der Reformierten Landeskirche Aargau» aufgenommen? 5. Gibt es in der Kirchgemeinde ein verbindliches Lehrmittel? – Wenn ja: welches?
Die Teilnehmenden bildeten Kleingruppen quer durch den Kanton und tauschten sich über drei der genannten Fragen aus.

Positionierung
Die Teilnehmenden kamen zum Ergebnis: A) Existiert ein kirchgemeindlicher Gesamtlehrplan? 19 Ja; 13 Nein. B) Was passiert, wenn kein Gesamtlehrplan vorhanden ist? Jede katechetisch tätige Person ist in der Planung autonom: 10 Punkte. Im Team werden allgemeine Absprachen pro Schuljahr getroffen: 5 Punkte. Wir lassen uns von der Tagesaktualität leiten: 0 Punkte. C) Wer trägt die Verantwortung für den Lehrplan? Niemand: 2 Punkte. Alle: 9. Punkte. PH-Verantwortliche/r: 15 Punkte. Pfarrperson(en) und PH-Verantwortliche/r: 7 Punkte. PH-Reglement: 1 Punkt. D) Welchen Grad an Beachtung erhielt die «Empfehlung Rahmenlehrplan der Reformierten Landeskirche Aargau» (Skala von 1 – 10)? Skala 2: 2 Punkte; Skala 3: 2 Punkte; Skala 5 – 7: 25 Punkte; Skala 8: 3 Punkte. E) Schreibt die Kirchgemeinde ein verbindliches Lehrmittel vor? 2 Ja; 30 Nein.

Wie weiter
Die Fachstelle Kirchlicher Religionsunterricht begleitet den Lehrplanprozess. Wichtig wird sein, die entsprechenden Fragestellungen von katechetisch Tätigen und Verantwortlichen zu erheben, um die landeskirchlichen Dienste gezielt anbieten zu können. Weitere Schwerpunktveranstaltungen sind Thema. Einbezug der Fachgruppe Katechese. Kooperation mit der katholischen Fachstelle Katechese – Medien: speziell in der katechetischen Aus- und Weiterbildung und mit Blick auf Kirchgemeinden/Pfarreien, für die ökumenischer Unterricht eine Option ist.

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