KiK-Eventtag 2012: Ein zünftiger Kick für kirchliche Kindergruppen
Sonja Glasbrenner sitzt in der vordersten Kirchenbank. Im Verlauf dieses Nachmittags wird sie noch öfters den Kopf drehen, ihren Blick über das Geschehen neben und hinter sich schweifen lassen und ebenso überrascht nach vorne in den Chorraum schauen, wo sonst ihr Platz ist. Staunende Augen prägen ihren Gesichtausdruck. Denn heute herrscht ein solches Rambazamba in der reformierten Kirche Gränichen, wie es sich Sonja Glasbrenner als hiesige Pfarrerin wohl in den kühnsten Träumen nicht vorgestellt hat. Der KiK-Eventtag der Reformierten Landeskirche Aargau feiert fulminante Premiere. Rund dreihundert Personen, hauptsächlich Kinder, erleben zusammen mit dem Musiker Andrew Bond Klamauk in der Kirche: aber richtig schön und tief berührend.
Das Chaos beginnt schon vor der Feier in der Kirche. So dicht das Schneetreiben draussen, so gedrängt die Schlangen in den Gängen und vor allem vor den Toiletten im Gränicher Kirchgemeindehaus. Ganze Carladungen mit Kindern samt ihren freiwilligen Begleiterinnen und Begleitern aus fünfzehn Aargauer Kirchengemeinden und einer Gastgruppe aus dem angrenzenden Kanton Solothurn bringen Leben in die Bude. Die meisten Anwesenden sind bereits verkleidet, andere werden noch kostümiert oder geschminkt. Gegen 14 Uhr dann zieht eine kunterbunte Karawane aus Fröschen, Löwen, Menschenfischern, Käfern, Hirten, Josefs, Pharaonen, Zebras oder Räubern hinüber zur und hinein in die Kirche. «Dieser Raum heisst Kirchenschiff. Nicht weil es ‚inne schifft’, sondern weil wir hier alle gemeinsam in einem Boot sitzen.» Die Sprache des Musikers und Unterhalters Andrew Bond ist so frech wie bildlich, springt aus seinem Mund den Kindern direkt ins Gemüt. Den Finger zur Nase, ein Auge zu, ein Klatsch aufs Knie oder auf den Bauch – die jungen Menschen nehmen ohne zu zögern all die Einladungen zum Singen und Beten mit dem Körper an. Jutta Bossard, KiK-Beauftragte der Reformierten Landeskirche Aargau: «Heute dürfen sich auch die wilden Kinder in der Kirche bewegen und laut singen.»
Mega cooler Tag
« B-I-B-E-L Nimm die Bible us em Gschtell. Mach si uf und verzell.! B-I-B-E-L. » Wer es nicht selber miterlebt, kann kaum glauben, wie es tönt, wenn eine Kirche gefüllt mit lautstarken Kehlen einen Song zur Bibel rockt. Auf der anderen Seite ist es nicht verwunderlich, stösst die Ansage zur Zvieripause genauso auf tosenden Applaus. Jan aus Remetschwil geniesst das Schoggibrötli und den Eistee und überhaupt den KiK-Eventtag: «D Musig isch guet ond lustig.» Sein Vater Jürg vergibt dem Anlass das Prädikat «megacool», weil er zeigt, wie Kirche den Kindern total Spass machen kann. Auch Silas, Fiona, Sara, Fabio oder Robin verleihen stellvertretend für die anderen 260 Kinder dem Nachmittag ein strahlendes «gefällt mir!».
Gut kopiert
Zwischen der Sonntagsschule von einst und dem KiK-Eventtag liegen Welten. Jutta Bossard hat die Idee zur aktuellen Form von ihren Kolleginnen aus dem Kanton Zürich übernommen. «Das Konzept ist super, denn es zeigt den Kindern, dass sie mit anderen Kindern in der kirchlichen Gemeinschaft unterwegs sind, und was man in der Kirche alles darf.» Die Veranstaltung vom 27. Oktober 2012 ist die erste ihrer Art im reformierten Aargau und gilt als «Schaufensteranlass», wie Beat Urech, Bereichsleiter Pädagogik und Animation, erklärt. Geplant ist, einen Begegnungsanlass in zwei Jahre wieder durchzuführen.
Aufs Podest
Mit dem KiK-Treffen ist ein Wettbewerb verbunden. Bereits im Vorfeld waren die teilnehmenden Gruppen eingeladen, sich eine biblische Geschichte auszusuchen, sich dieser entsprechend zu verkleiden und von einer Szene ein Foto bei der Jury einzureichen. Die Darstellungen wurden in der Fachgruppe PH1+KiK eingehend auf Originalität und Kreativität geprüft und bewertet. «Wir spürten, wie viel Spass in die Realisation der Beiträge gesteckt wurde, alle gaben sich richtig Mühe», befand Jutta Bossard. Von all den tollen Sujets schafften es schliesslich die Chilemüs aus Möhlin (Rang 3), die Kolibri-Gruppe aus Klingnau (Rang 2) und die KiK-Gruppe aus Rohrdorf aufs Podest. Letztere gewann als Hauptpreis einen Anlass mit Andrew Bond. Aber auch die weiteren Ränge, überhaupt alle Teilnehmenden, wurden mit einem Preis bedacht.
Glückliche Gesichter
Ob Arche Noah, Heilung der Gelähmten, Plagen oder Berufung der Jünger. Überaus schwungvoll, farbig, augenfällig und lustig wurden an diesem Nachmittag die Geschichten des christlichen Glaubens vom kirchlichen Kinderaargau erzählt. «Einfach wunderbar», brachte die glückliche Organisatorin Jutta Bossard den KiK-Eventtag auf den Punkt. Und auch Gastgeberin Sonja Glasbrenner fand lachend: «So lebendig und theatralisch habe ich unsere Kirche in der Tat noch nie erlebt.»
Carmen Frei